Wie der Fußballsport nach Marienthal kam
Bereits vor der Jahrhundertwende wurde in Marienthal Fußball gespielt. Es waren englische Monteure, die in der ehemaligen „Marienthal-Trumauer AG” Maschinen für die Textilverarbeitung aufstellten und in ihrer Freizeit dem Ball nachjagten. Bald waren auch die Marienthaler Arbeiter von dem „Fußballbazillus” angesteckt und spielten begeistert mit.
Die ersten Jahre war es natürlich eine wilde herum Kickerei, denn es wurden kaum Regeln beachtet und man betrachtete den „Kampf ums runde Leder“ eher als eine Unterhaltung. Doch nach und nach fand diese neue Sportart immer mehr Freunde und der Wunsch nach der Gründung eines Vereines setzte sich immer mehr durch.
Die Gründung im Jahr 1908 und die ersten Jahre bis 1945
Leider existieren keine Aufzeichnungen mehr darüber; dokumentiert ist nur, dass die offizielle Gründung im Jahre 1908 erfolgte und der ASK Marienthal somit zu den ältesten Vereinen in Niederösterreich zählt. Die Gründungsfunktionäre, Prokurist Franz Kopecky, Franz Dlabola, Josef Dedek, Jaroslav Jilek, Johann Dedek, Johann Svella und Heinz Nistler, nahmen beherzt die Geschicke des jungen Klubs in die Hand.
Gespielt wurde auf der „Hinterbrühl-Wiese“, der heutigen „Todesco-Siedlung“. Sitz des Vereines war das Gasthaus Sam in Neu-Mitterndorf. Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurden nur Freundschaftsspiele ausgetragen und während des Krieges fanden nur wenige Spiele statt.
Ab 1920 wurde wieder ein regelmäßiger Spielbetrieb aufgenommen und es ging wieder aufwärts mit dem Verein. Vorerst gab es noch einen gemeinsamen Verband der Wiener und der Niederösterreichischen Vereine. Der ASK Marienthal spielte demnach gegen Vereine wie Simmering, Slovan, FavAC usw. Zu dieser Zeit stieß ein gewisser Josef Probst von Germania zu den Marienthalern. Er führte einen richtig funktionierenden Fußballbetrieb mit regelmäßigem Training, Spielen usw. ein und hatte großen Anteil am damaligen Vereinsgeschehen, zu dem auch eine Tournee nach Deutschland im Jahre 1924 gehörte.
Die „Marienthal-Trumauer AG“ stellte einen nicht mehr benutzten „Mistplatz“ neben der Fischa zur Verfügung, auf dem eine Sportanlage errichtet wurde, die bis heute die Heimstätte der Marienthaler Kicker ist.
Die Marienthaler begannen 1920/21 in der 2. Klasse Süd den Meisterschaftsbetrieb. Gespielt wurde gegen Mödling, Liesing, Siebenhirten, Wiener Neustadt und noch einigen Vereinen aus der Umgebung. Die damalige Mannschaft mit den Spielern Prohaska, Jilek, Seifert, Nemecek, Hermanek, Spiola, Pec, Probst, Dedek, Strobl, Schuliz, Windisch und Graf wurde ein Jahr darauf Meister und erreichte damit den Aufstieg in die 1. Klasse Süd. In dieser Klasse wurden die Marienthaler auf Anhieb „Kronprinz“ und im nächsten Jahr stiegen sie in die niederösterreichische Liga auf. Im Rahmen des VAFÖ (eine Art Cupbewerb) wurde 1927 ein weiterer Höhepunkt erreicht – Niederösterreichischer Landesmeister!
Unter der Dachorganisation „Arbeiter Turn- und Sportverein“ erlebte Marienthal in der Mitte der Zwanziger Jahre einen Höhenflug sondergleichen. Es gab eine Vielzahl von Sektionen; allen voran Fußball mit 7(!) Mannschaften, gefolgt von Geräteturnen, Faustball, Turnriegen für Knaben und Mädchen, Ringen, Boxen, Handball, Radball, Reigenfahren (diese Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit).
Nach dem wirtschaftlichen Einbruch Ende der Zwanziger Jahre – die Fabrik musste geschlossen werden – war auch der Niedergang dieses großartigen Vereinslebens nicht mehr aufzuhalten. 1932 wurde wieder mit einem kontinuierlichen Fußballbetrieb begonnen. Marienthal startete in der 1. Klasse Ost und wurde auf Anhieb Meister. Im darauffolgenden Jahr spielte die Mannschaft in der 1. Klasse Süd und beendete auch in dieser Klasse die Meisterschaft mit dem Titelgewinn. 1935 bis 1938 spielte Marienthal in der Niederösterreichischen Liga.
Nach der Beseitigung der Demokratie im Jahre 1933 musste auch der Name des Vereines von „Arbeiter-Sportklub Marienthal“ in „Athletik-Sportklub Marienthal“ umbenannt werden. Es kam auch in dieser Zeit zu politischen Maßregelungen und Angriffen. In einem Protokoll von einer außerordentlichen Generalversammlung vom 19. Februar 1937 heißt es dazu: „...Herr Ing. Wolf führte aus, dass die Gesamtdemission des Ausschusses auf die grundlose politische Verdächtigung der beiden Sektionsleiter seitens der Ortsbehörde erfolgte, welche beide Herren in ihrem Übereifer bei einer politisch verbotenen Agitation wähnte, während genannte Herren einen Spielabschluss in Unterwaltersdorf getätigt hatten.“
Ein Spielbericht von September 1936 bis Jänner 1938 beweist, dass der Verein in diesem Abschnitt sportlich recht erfolgreich war:
Meisterschaft: 40 Spiele, 21 Siege, 4 Unentschieden, 15 Niederlagen, Tordifferenz 109:88.
Cupspiele: 6 Spiele, 3 Siege, 1 Unentschieden, 2 Niederlagen, Tordifferenz 10:7.
Freundschaftsspiele: 17 Spiele, 13 Siege, 1 Unentschieden, 3 Niederlagen, Tordifferenz 51:22.
Insgesamt: 127 Spiele, 82 Siege, 11 Unentschieden, 34 Niederlagen, Tordifferenz 465:258.
Mit der Annexion Österreichs an Hitlerdeuschland im Jahre 1938 begann die wohl schwerste Zeit für den Verein. Es wurde zwar nach der Eingliederung zu Wien der Fußballbetrieb teilweise aufrechterhalten; das sportliche Geschehen war aber von den Umtrieben der Nazidiktatur stark in Mitleidenschaft gezogen, soll aber hier nicht näher erörtert werden. Auch der Zweite Weltkrieg forderte seinen Tribut – eine ganze Mannschaft kehrte nicht mehr zurück ...